Das Urteil ist von großer Bedeutung für die Urheber und Rechteinhaber, aber auch für alle Internetnutzer. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits in dem Rechtsstreit BestWater gegen Mebes u.a. entschieden, dass es beim Framing nach der Rechtsprechung des EuGH auf die Erlaubnis des Rechteinhabers zu der Wiedergabe des Werks im Internet ankommt (Urteil „Die Realität II“, s.u.). Damit lag der BGH richtig, wie sich jetzt herausgestellt hat. Hyperlinks und Framing sind nach der Rechtsprechung des EuGH gleichzusetzen. Das Urteil des EuGH ist also auch auf Framing übertragbar.
EuGH, Urteil v. 08.09.2016, Az: C-160/15
28.04.2016
Berg
der Wünsche
Nun hat sich das Landgericht Erfurt der
Rechtsauffassung des OLG Jena angeschlossen und
dem „Berg der Wünsche“ Urheberschutz zuerkannt.
Damit ist nun auch im Hauptsacheverfahren
bestätigt worden, dass eine soziale Plastik
urheberrechtlich geschützt sein kann.
Entscheidend ist, ob das Werk einen
individuellen geistig-ästhetischen Inhalt
aufweist und dieser in irgendeiner Weise
wahrnehmbar gemacht wird. Die Individualität
kann sowohl in der äußeren Form, als auch in
einem ungewöhnlichen Handlungsablauf zum
Ausdruck kommen. Im vorliegenden Fall sah es das
LG Erfurt als erwiesen an, dass der von Herrn
Dr. Wolfgang Geißler erfundene „Berg der
Wünsche“ auf der Leuchtenburg im Saaletal
nachgebildet worden ist. Dort dürfen sich die
Besucher nach dem Besuch der „Porzellanwelten“
auf einen „Skywalk der Wünsche“ begeben und von
dort mit Wünschen beschriftetes Porzellan in die
Tiefe werfen, wo es auf einer Auffangplattform
zerschellt. Sofern sich die Scherben dort zu
einem kleinen Berg anhäufen, sehen das LG Erfurt
und das OLG Jena darin eine Verletzung der
Urheberrechte an dem Werk von Herrn Dr. Geißler.
Das Urteil weist weit über den Einzelfall
hinaus, weil es auf sämtliche Formen von
Aktionskunst übertragbar ist (s. hierzu die
untenstehende Besprechung der Entscheidung des
OLG Jena v.
06.10.2015).
LG
Erfurt, Urteil v. 28.04.2016 - 3 O 1365/14 -
"Berg der
Wünsche"
06.10.2015
Kunst
in Aktion
Das
Thüringer Oberlandesgericht hat mit Beschluss
vom 6. Oktober 2015 (OLG Jena, Beschluss
v. 06.10.2015, Az.: 2 W 254/15)
festgestellt, dass auch eine soziale Plastik
urheberrechtlich schutzfähig sein kann.
Die Begriff „soziale Plastik“
bezeichnet hier im Sinne von Joseph Beuys einen
kontinuierlich kreativen Prozess, an
dem sich grundsätzlich jeder Mensch
beteiligen und so gesellschaftliche
Veränderungen bewirken
kann.
RA
Marko Pietruck vertritt in dem o.g. Rechtsstreit
einen Psychologen und Künstler, der
den „Berg der Wünsche“ erfunden hat:
Die Mitwirkenden werden aufgefordert, mit einem
Porzellanstück (Teller, Tasse etc.)
auf eine weit in die Landschaft hineinragende
Abwurfplattform zu treten, das Porzellan
von dort in die Tiefe
hinunterzuwerfen und sich dabei auf einen
persönlichen Wunsch zu konzentrieren.
Das zerborstene Porzellan sowie die damit
assoziierten und miteinander verbundenen
Wünsche sollen einen „Berg der
Wünsche“ im Sinne eines Kraftortes
bilden.
Auf
der Leuchtenburg in Seitenroda bei Weimar wird
dieses Werk im Rahmen der dortigen
„Porzellanwelten“ seit 2014 ohne die
Zustimmung des Urhebers realisiert – nachdem der
Urheber den Betreibern der
Leuchtenburg das Konzept vorgestellt hatte, die
angebotene Zusammenarbeit aber
abgelehnt worden war. RA Marko
Pietruck hat im Auftrag des Urhebers Klage
erhoben und einen urheberrechtlichen
Unterlassungsanspruch geltend gemacht. In dem
zuvor durchgeführten
Prozesskostenhilfeverfahren hat das OLG Jena
der Klage die erforderlichen
Erfolgsaussichten zugesprochen,
nachdem diese vom Landgericht Erfurt verneint
worden waren.
Zwar
ist in der Rechtsprechung schon gelegentlich
festgestellt worden, dass auch
Aktionskunst urheberrechtlich
geschützt sein kann. So wurde einem im Jahr 1978
aufgeführten Bühnenhappening des
Künstlers Wolf Vostell der Urheberschutz
zugesprochen, bei dem das Bild „Der Heuwagen“
von Hieronymus Bosch durch Aktionen
der Mitwirkenden nachgestellt werden sollte (BGH
GRUR 1985, 529 – Happening). Auch
eine Beuys-Aktion, die 1964 im
Landesstudio Düsseldorf des Zweiten Deutschen
Fernsehens stattfand, wurde Ende 2011
grundsätzlich für urheberschutzfähig gehalten
(OLG Düsseldorf GRUR 2012,
173).
Neu
an der Entscheidung des OLG Jena ist nun die
Öffnung des juristischen Kunstbegriffs
für ein Werk, das zwar auf den
Handlungsanweisungen des Künstlers beruht, an
dessen Ausführung der Künstler aber
selbst nicht beteiligt ist. Die Entscheidung ist
sehr zu begrüßen, denn sie erkennt
an, dass sich der Kunstbegriff
weiterentwickelt hat. Konzeptkunst, für die das
Konzept eines Kunstwerks im
Vordergrund steht und die Ausführung nicht
zwingend vom Urheber selbst erfolgen
muss, wurde schließlich bereits zu
Beginn des 20. Jahrhundert
entwickelt.
OLG
Jena, Beschluss v. 06.10.2015 - 2 W 254/15 -
"Berg der
Wünsche"
09.07.2015
BGH-Urteil zum Framing, "Die Realität II"
Heute, am 9. Juli 2015, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Betreiber einer Internetseite eine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die ohne Zustimmung des Rechteinhabers ins Internet gestellt wurden, im Wege des Framing in seine eigene Internetseite einbindet.
Die Firma BestWater International GmbH, ein führender Anbieter von Wasserfiltern, der von Rechtsanwalt Marko Pietruck vertreten wird, hatte zwei Handelsvertreter einer Konkurrenzfirma verklagt, weil diese einen Film, der für BestWater produziert worden war, in ihre eigenen geschäftlichen Internetseiten eingebettet hatten. Der Film war bei YouTube ohne die Zustimmung von BestWater hochgeladen und dann auf den Seiten der Konkurrenten in einem Frame angezeigt worden. Das Landgericht München I hatte der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht München war in der Berufungsinstanz der Auffassung, es liege keine Rechtsverletzung vor, weil die Beklagten den Film nicht auf ihrem eigenen Server zum Abruf bereitgehalten hatten.
In der Revisionsinstanz hat der BGH dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Vorlagefrage gestellt, ob Framing unter den Umständen dieses Falles eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie darstellt. Der EuGH hat diese Frage verneint, aber zur Begründung angeführt, der Rechteinhaber könne Framing nicht verbieten, wenn das Werk, an dem er die Rechte hält, mit seiner Zustimmung ins Internet gestellt worden ist. Folgerichtig hat der BGH nun festgestellt, dass es für die Entscheidung des Falles darauf ankommt, ob BestWater der YouTube-Wiedergabe zugestimmt hat.
Das Urteil des OLG München wurde aufgehoben, soweit das OLG die Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche von BestWater verneint hatte. Der Rechtsstreit wurde zur erneuten Entscheidung an das OLG München zurückverwiesen. Da die Frage der Zustimmung von BestWater zur YouTube-Wiedergabe des Films streitig ist, muss das OLG München sie nun klären. Der Rechtsstreit geht also in die nächste Runde. Mal sehen, ob das OLG München schneller ist als der EuGH, der über ein Vorabentscheidungsersuchen aus den Niederlanden in einer ähnlichen rechtlichen Konstellation, allerdings bei Hyperlinks, zu entscheiden hat (s.u. Vorlagefrage des Hoge Rad der Nederlande v. 07.04.2015)
BGH, 1. Zivilsenat, Urteil v. 9.7.2015, AZ: I ZR 46/12,
07.04.2015
Hyperlinks und Framing
Am 7. April 2015 hat der Hohe Rat das oberste Zivilgericht der Niederlande ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet, das auch für das derzeit beim BGH anhängige Verfahren Die Realität von Bedeutung ist. Der Hohe Rat möchte vom EuGH wissen, ob die Verlinkung auf urheberrechtlich geschützte Inhalte als Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe im Sinne der InfoSoc-Richtlinie anzusehen ist, wenn der Rechteinhaber der Wiedergabe im Internet zuvor nicht zugestimmt hat.
Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Rad der Nederlanden v. 07.04.2015
(abrufbar sind bislang nur die Vorlagefragen)
Genau diese Frage ist in Sachen Die Realität von entscheidungserheblicher Bedeutung. Dort geht es um Framing, also das Einbetten von Inhalten aus anderen Websites auf der eigenen Internetseite in einem Rahmen (Frame). Der EuGH hat im Wege der Vorabentscheidung in diesem Verfahren bereits entschieden, dass zwischen einfachen Hyperlinks und Framing aus europarechtlicher Sicht grundsätzlich kein Unterschied bestehe.
Am 09.07.2015 findet erneut eine Verhandlung vor dem BGH in Sachen Die Realität statt. Rechtsanwalt Pietruck ist an diesem Verfahren als Vertreter der BestWater International GmbH beteiligt. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH das Verfahren im Hinblick auf die niederländische Vorlagefrage nochmals aussetzt.
17.11.2014
Unwesentliches Beiwerk
Der BGH hat für Klarheit in einer Frage gesorgt, die bislang kaum die Gerichte beschäftigt hat, obwohl sie von erheblicher praktischer Bedeutung ist. Ein Künstler hatte einem Möbelhaus ein Gemälde für eine Ausstellung seiner Werke zur Verfügung gestellt. Nach der Ausstellung bemerkte der Künstler, dass sein Gemälde in einem Katalog des Möbelhauses und auf dessen Website abgebildet war. Ein Hinweis auf die Urheberschaft am Bild fehlte. Hierin sah der Künstler eine Verletzung seines Urheberrechts und klagte auf Auskunft und Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr.
In der ersten und zweiten Instanz blieb die Klage erfolglos. Zwar wurde eine Verletzung des Verbreitungsrechts sowie des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung bejaht. Die Instanzgerichte stuften das Gemälde aber als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG ein. Nach dieser Schrankenregelung sind die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe von fremden Werken zulässig, sofern sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand anzusehen sind.
Der BGH verwies den Rechtsstreit zurück an das Berufungsgericht. Dabei stellte er klar, dass § 57 UrhG auch die öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG erfasst, aber als Schrankenbestimmung grundsätzlich eng auszulegen ist. Zudem wurde der eigentliche Gegenstand eng definiert. In diesem Fall war das die Fotografie selbst und nicht der Möbelkatalog oder der Internetauftritt des Möbelhauses insgesamt. Danach sei die Auffassung des Berufungsgerichtes, wonach das Gemälde keinen Einfluss auf den Eindruck des Hauptgegenstandes habe, nicht haltbar. Nicht mehr unwesentlich sei ein Werk jedenfalls, wenn es erkennbar stil- oder stimmungsbildend ist, eine bestimmte Wirkung unterstreicht, einen dramaturgischen Zweck erfüllt oder sonst charakteristisch ist. Dem Gemälde komme eine nicht nur unerhebliche ästhetische Wirkung im Rahmen der Fotografie zu. Da das Gemälde vom Betrachter auch als zum Gesamtkonzept gehörig wahrgenommen werde, komme es auf eine mögliche Austauschbarkeit mit anderen Kunstgegenständen nicht an.
Das einzige Urteil zu § 57 UrhG, das in der Begründung des BGH zitiert wird, stammt vom OLG München (OLG München ZUM-RD 2008, 554). Rechtsanwalt Pietruck war an dem damaligen Verfahren als Prozessvertreter des Urhebers beteiligt. Das OLG München urteilte damals noch zu Gunsten des Verwerters.
Das Urteil des BGH stärkt nun die Rechte der Urheber. Die Entscheidung dürfte für Fotografen und Filmproduzenten von besonderer Bedeutung sein. Man denke nur an die Inneneinrichtung der Wohnung eines Täters, die in einem Tatort gezeigt wird.
BGH, Urteil v. 17.11.2014 - I ZR 177/13 - "Möbelkatalog"
21.10.2014
Framing grundsätzlich erlaubt? ("Die Realität")
Der Europäische Gerichtshof hat am 21. Oktober 2014 die Vorlagefrage des BGH in Sachen "Die Realität" dahingehend beantwortet, dass Framing grundsätzlich wie eine bloße Verlinkung zu behandeln sei. Nach der InfoSoc-Richtlinie sei Framing grundsätzlich zulässig, weil der Rechteinhaber, der ein Werk ins Internet stellt, dabei an alle Internetnutzer als Publikum denke. Demnach sei im Framing keine eigenständige Nutzungshandlung zu sehen, weil das Werk an der Stelle, auf die der Frame verweist, bereits mit Zustimmung des Rechteinhabers öffentlich zugänglich sei.
EuGH, Beschl. v. 21.10.2014, Az.: C-348/13
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ist das Werk aber gerade nicht vom Rechteinhaber oder mit dessen Zustimmung im Internet verfügbar gemacht worden. Konsequenterweise müsste der EuGH in dieser Fallkonstellation das Framing also als unzulässig ansehen. Denn dadurch wird ein Publikum erreicht, das der Rechteinhaber selbst gar nicht erreichen wollte. Damit ist die Vorabentscheidung des EuGH diesbezüglich auslegungsbedürftig. Zur eindeutigen Klärung müsste der BGH die Frage eigentlich nochmals dem EuGH vorlegen.
16.05.2013
Framing als unbenanntes Verwertungsrecht? ("Die Realität")
Der Bundesgerichtshof hat in dem Revisionsverfahren "Die Realität" festgestellt, dass die Darstellung eines Werkes in einem Frame, der auf eine andere Internetseite verweist, keine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG darstelle, weil der Inhaber der Website, auf der sich der Frame befindet, das Werk nicht in seiner Zugriffssphäre bereithalte. Das Framing dürfte jedoch nach Meinung des BGH bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung ein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe darstellen. Anders als bei einem bloßen Hyperlink mache derjenige, der ein Werk im Wege des Framing in seine Internetseite einbette, sich das Werk zu Eigen. Einem solchen Nutzer komme ähnlich wie bei der Umgehung einer Schutzvorrichtung durch einen Deep Link eine zentrale Rolle bei der Werkvermittlung zu. Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union daher am 16. Mai 2013 die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob bei Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt:
BGH, Beschl. v. 16.5.2013, Az.: I ZR 46/12
Rechtsanwalt Pietruck ist an dem Verfahren als Vertreter der BestWater International GmbH beteiligt.
22.01.2013
Angemessene Beteiligung von Teilnehmern einer Casting-Show
Das Landgericht München I ist der Auffassung, die Klage einer Sängerin, die an der TV-Talentshow The Voice of Germany teilgenommen hat, auf angemessene Beteiligung an den Werbe- und Verwertungserlösen habe Aussicht auf Erfolg. Die Sängerin, die von Rechtsanwalt Marko Pietruck vertreten wird, hatte Prozesskostenhilfe für eine Auskunfts- und Beteiligungsklage beantragt, weil sie durch ihren Auftritt wesentlich zum Erfolg der Sendung beigetragen hatte und auch auf den vom Sender ins Netz gestellten Internetseiten zeitweise die beliebteste Künstlerin war, welche die meisten Klicks auf ihr Video erhalten hatte. Der Sender hat dadurch nicht nur Werbeeinnahmen erzielt, sondern die Auftritte der Künstler auch in Form von mehreren DVDs zweitverwertet. Die Sängerin hat weder für ihren Auftritt noch für die weitere Verwertung irgendein Entgelt erhalten. Sie hat nun Auskunft und Beteiligung an den Werbe- und Verwertungserlösen gemäß § 32a UrhG geltend gemacht. Das Landgericht München I hat dem Prozesskostenhilfeantrag stattgegeben.
LG München I, Beschl. v. 22.01.2013, Az.: 37 O 22231/12 (nicht veröffentlicht)
Nachtrag: der Rechtsstreit wurde durch Vergleich erledigt.